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Filmwelt 1934 №31: Difference between revisions

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'''Außenaufnahmen zu „Fürst Woronzeff"'''
'''Außenaufnahmen zu „Fürst Woronzeff"'''


Herr Max Pfeiffer? — Bedaure — die Pfeiffer-Produktion ist verreist : Außenaufnahmen für den neuen Großfilm „Fürst Woronzeff“.
Herr Max Pfeiffer? — Bedaure — die Pfeiffer-Produktion ist verreist : Außenaufnahmen für den neuen Großfilm „[[Fürst Woronzeff]]“.


Diese Auskunft bekam man regelmäßig, wenn man im Juni versuchte, den liebenswürdigen Produktionsleiter der Ufa zu erreichen. Inzwischen waren die Architekten in Babelsberg nicht müßig. In der großen Tonhalle Nord entstand nach den Entwürfen des Architekten Kettelhut ein Ausschnitt aus der prächtigen Oper von Monte Carlo in Originalgröße. Man sah die Bühne, das versenkte Orchester, die Logen links und rechts, und davor wurde für die Kamera ein breiter Wagen auf Rädern gebaut, der vor- und rückwärts über große Schienen lief und ein Gerüst trug, das sich um seine eigene Achse drehte. So konnte die Kamera in alle Ecken und Winkel hineinleuchten, und nichts aus dem vielfältigen Getriebe einer Opernbühne blieb ihr verborgen. Und als ich eines Tages in Neubabelsberg wieder nach Herrn Pfeiffer fragte, da waren diese Hallen, in der noch eben nur die Handwerker, Maler und Dekorateure das große Wort führten, gefüllt mit einer riesigen Menschenmenge:  Es war Großaufnahmetag in der Oper von Monte Carlo. Der Produktionsstab war zurückgekehrt und die Hauptdarsteller auf der Bühne versammelt. Das Liebeslied aus der Oper „Samson und Dalila" tönte durch den Raum, ein Orchester, wie man es nur in den größten Opern kennt, saß vor der Bühne, und in den Logen sahen wir Schoenhals und Brigitte Helm.
Diese Auskunft bekam man regelmäßig, wenn man im Juni versuchte, den liebenswürdigen Produktionsleiter der [[Ufa]] zu erreichen. Inzwischen waren die Architekten in Babelsberg nicht müßig. In der großen Tonhalle Nord entstand nach den Entwürfen des Architekten Kettelhut ein Ausschnitt aus der prächtigen Oper von [https://de.wikipedia.org/wiki/Monte-Carlo Monte Carlo] in Originalgröße. Man sah die Bühne, das versenkte Orchester, die Logen links und rechts, und davor wurde für die Kamera ein breiter Wagen auf Rädern gebaut, der vor- und rückwärts über große Schienen lief und ein Gerüst trug, das sich um seine eigene Achse drehte. So konnte die Kamera in alle Ecken und Winkel hineinleuchten, und nichts aus dem vielfältigen Getriebe einer Opernbühne blieb ihr verborgen. Und als ich eines Tages in Neubabelsberg wieder nach Herrn Pfeiffer fragte, da waren diese Hallen, in der noch eben nur die Handwerker, Maler und Dekorateure das große Wort führten, gefüllt mit einer riesigen Menschenmenge:  Es war Großaufnahmetag in der Oper von Monte Carlo. Der Produktionsstab war zurückgekehrt und die Hauptdarsteller auf der Bühne versammelt. Das Liebeslied aus der Oper „[[Samson und Dalila]]" tönte durch den Raum, ein Orchester, wie man es nur in den größten Opern kennt, saß vor der Bühne, und in den Logen sahen wir [[Albrecht Schoenhals]] und [[Brigitte Helm]].


Ich erwischte Herrn Pfeiffer in seinem kleinen Arbeitszimmer. Während der Filmaufnahmen begnügt sich der Produktionsleiter mit einer kleinen Garderobe als Aufenthaltsraum, um der Aufnahmebasis seines Films möglichst nahe zu sein.
Ich erwischte Herrn Pfeiffer in seinem kleinen Arbeitszimmer. Während der Filmaufnahmen begnügt sich der Produktionsleiter mit einer kleinen Garderobe als Aufenthaltsraum, um der Aufnahmebasis seines Films möglichst nahe zu sein.


„Warum Außenaufnahmen im Ausland? Der Stoff verlangt es. Der Film, der nach dem Roman von Margot Simpson entstanden ist, spielt an der Riviera zwischen Nizza und Monte Carlo. Es ist die Geschichte eines russischen Fürsten der Vorkriegszeit, und Sie wissen, daß damals die Côte d'Azur der Treffpunkt der russischen Aristokratie war. Der Film würde unglaubwürdig wirken, wenn wir auf diese Tatsache keine Rücksicht nähmen und das Ganze nur im Atelier drehen wollten. Eine Reihe wichtiger Außenaufnahmen müssen wir unbedingt auf einer Segeljacht machen, die in südlichen Gewässern kreuzt. Wir brauchen hierzu das Milieu des Mittelmeeres und die subtropische Küstenlandschaft der Riviera. Bedenken Sie, daß wir den Film ja auch in französischer Version drehen. Wir leisten damit ein Stück Wertarbeit für unser Vaterland, und wir wollen hoffen" — ein gemeinsames Toi-toi-toi bekräftigte diesen Wunsch —, „daß der Film ein Vielfaches an Devisen wieder hereinbringt, als er gekostet hat."
„Warum Außenaufnahmen im Ausland? Der Stoff verlangt es. Der Film, der nach dem Roman von [[Margot Simpson]] entstanden ist, spielt an der Riviera zwischen [https://de.wikipedia.org/wiki/Nizza Nizza] und Monte Carlo. Es ist die Geschichte eines russischen Fürsten der Vorkriegszeit, und Sie wissen, daß damals die Côte d'Azur der Treffpunkt der russischen Aristokratie war. Der Film würde unglaubwürdig wirken, wenn wir auf diese Tatsache keine Rücksicht nähmen und das Ganze nur im Atelier drehen wollten. Eine Reihe wichtiger Außenaufnahmen müssen wir unbedingt auf einer Segeljacht machen, die in südlichen Gewässern kreuzt. Wir brauchen hierzu das Milieu des Mittelmeeres und die subtropische Küstenlandschaft der Riviera. Bedenken Sie, daß wir den Film ja auch in französischer Version drehen. Wir leisten damit ein Stück Wertarbeit für unser Vaterland, und wir wollen hoffen" — ein gemeinsames Toi-toi-toi bekräftigte diesen Wunsch —, „daß der Film ein Vielfaches an Devisen wieder hereinbringt, als er gekostet hat."


„Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Auswahl der Schauspieler?"
„Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Auswahl der Schauspieler?"


„Ja, das war diesmal wirklich sehr schwer<sup>"</sup>, bekräftigte Max Pfeiffer. Da ist einmal die Titelrolle schon schwierig zu besetzen. Der Film schildert das seltsame Schicksal eines Mannes, den ein auf Grund verblüffender Ähnlichkeit gegebenes Versprechen zwingt, das Dasein eines Verstorbenen weiterzuleben. Es galt also einen Darsteller zu finden, der die Rolle eines Doppelgängers glaubhaft macht. Einerseits muß er einen russischen Fürsten der alten kaiserlichen Zeit verkörpern, Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle, mit dem für den Russen charakteristischen Gefühlsleben, andererseits soll er einen Menschen darstellen, der zwar dem Fürsten zum Verwechseln ähnlich sieht, aber als Charakter so ziemlich sein Gegenteil ist, eine Spielernatur, der an den Abgründen des Lebens balanciert.
„Ja, das war diesmal wirklich sehr schwer<sup>"</sup>, bekräftigte [[Max Pfeiffer]]. Da ist einmal die Titelrolle schon schwierig zu besetzen. Der Film schildert das seltsame Schicksal eines Mannes, den ein auf Grund verblüffender Ähnlichkeit gegebenes Versprechen zwingt, das Dasein eines Verstorbenen weiterzuleben. Es galt also einen Darsteller zu finden, der die Rolle eines Doppelgängers glaubhaft macht. Einerseits muß er einen russischen Fürsten der alten kaiserlichen Zeit verkörpern, Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle, mit dem für den Russen charakteristischen Gefühlsleben, andererseits soll er einen Menschen darstellen, der zwar dem Fürsten zum Verwechseln ähnlich sieht, aber als Charakter so ziemlich sein Gegenteil ist, eine Spielernatur, der an den Abgründen des Lebens balanciert.


Ich glaube in Albrecht Schoenhals vom Thalia-Theater in Hamburg den richtigen Darsteller gefunden zu haben. Er spielt zum erstenmal im '''Tonfilm.'''
Ich glaube in Albrecht Schoenhals vom [https://de.wikipedia.org/wiki/Thalia_Theater_(Hamburg) Thalia-Theater] in Hamburg den richtigen Darsteller gefunden zu haben. Er spielt zum ersten mal im Tonfilm.


Auch Willi Birgel ist für die große Filmgemeinde ein neuer Name. Er ist am Mannheimer Staatstheater als erster Charakterdarsteller ein sehr geschätzter Schauspieler. In dem Film spielt er einen vertrauten Haushofmeister des Fürsten, in dessen Händen alle Fäden zusammenlaufen und der als einziger die Wahrheit über den Doppelgänger weiß.
Auch [[Willi Birgel]] ist für die große Filmgemeinde ein neuer Name. Er ist am Mannheimer Staatstheater als erster Charakterdarsteller ein sehr geschätzter Schauspieler. In dem Film spielt er einen vertrauten Haushofmeister des Fürsten, in dessen Händen alle Fäden zusammenlaufen und der als einziger die Wahrheit über den Doppelgänger weiß.


Brigitte Helm freut sich besonders über ihre sehr aktive Rolle als große gefährliche Abenteuerin, die sie mit allen Reizen einer verführerischen Weiblichkeit ausstattet. Die Frau, die sie verkörpert, ist hemmungslos in der Wahl ihrer Mittel, aber im Innersten getrieben von ihrer Leidenschaft und Liebe zu dem Abenteurer, dem Doppelgänger des Fürsten Woronzeff.
Brigitte Helm freut sich besonders über ihre sehr aktive Rolle als große gefährliche Abenteuerin, die sie mit allen Reizen einer verführerischen Weiblichkeit ausstattet. Die Frau, die sie verkörpert, ist hemmungslos in der Wahl ihrer Mittel, aber im Innersten getrieben von ihrer Leidenschaft und Liebe zu dem Abenteurer, dem Doppelgänger des Fürsten Woronzeff.


Freude und Helligkeit bringt in dieses von Gefahr und Tragik umwitterte Spiel das Zusammensein zweier junger Menschen, die das Glück einer reinen Liebe finden. Hier finden wir Hansi Knotek, die ja zuerst im "Schloß Hubertus" für den Film entdeckt wurde, und einen jugendlichen männlichen Darsteller Heinrich Berg."
Freude und Helligkeit bringt in dieses von Gefahr und Tragik umwitterte Spiel das Zusammensein zweier junger Menschen, die das Glück einer reinen Liebe finden. Hier finden wir [[Hansi Knotek]], die ja zuerst im "[[Schloß Hubertus]]" für den Film entdeckt wurde, und einen jugendlichen männlichen Darsteller [[Heinrich Berg]]."


„Von der Reise selbst müssen sie den FiImwelt-Lesern noch etwas erzählen!"
„Von der Reise selbst müssen sie den FiImwelt-Lesern noch etwas erzählen!"
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„Filmreisen sind keine Urlaubsreisen, lieber Freund. Unsere Karawane bestand aus 36 Personen. Über Karlsruhe, Kehl und Straßburg ging es nach Nizza, wo wir uns einquartierten. Man nahm die deutsche Expedition mit jeder nur denkbaren Höflichkeit auf, keine Zollschwierigkeiten, keine Belästigung irgendwelcher Art, im Gegenteil, wir fanden überall das größte Entgegenkommen. Auch zwischen unseren technischen Mitarbeitern und dem französischen Hilfepersonal, das wir engagieren mußten, bestand das denkbar beste kameradschaftliche Verhältnis.
„Filmreisen sind keine Urlaubsreisen, lieber Freund. Unsere Karawane bestand aus 36 Personen. Über Karlsruhe, Kehl und Straßburg ging es nach Nizza, wo wir uns einquartierten. Man nahm die deutsche Expedition mit jeder nur denkbaren Höflichkeit auf, keine Zollschwierigkeiten, keine Belästigung irgendwelcher Art, im Gegenteil, wir fanden überall das größte Entgegenkommen. Auch zwischen unseren technischen Mitarbeitern und dem französischen Hilfepersonal, das wir engagieren mußten, bestand das denkbar beste kameradschaftliche Verhältnis.


Nur die Beamten des kleinen Monaco sind seit einiger Zeit auf den Film nicht besonders gut zu sprechen. Sie erinnern sich an den letzten Kiepura- Film ,Mein Herz ruft nach dir<sup>4</sup> und an die Szene, wo dieser große Sänger eine Freilichtbühne auf dem Platz der Oper von Monte Carlo arrangierte, während gleichzeitig in der Oper selbst eine schon etwas verstaubte Aufführung der "Tosca" stattfindet. Langsam aber sicher verläßt ein Besucher nach dem andern die Oper und hört sich den Jan Kiepura an. Die Opernverwaltung von Monte Carlo hat diesen Filmscherz sehr übelgenommen und sozusagen als persönliche Kränkung aufgefaßt. Und dann haben die Herren die "Bomben auf Monte Carlo", die Hans Albers ihnen seinerzeit hinüberschickte, immer noch nicht vergessen.
Nur die Beamten des kleinen Monaco sind seit einiger Zeit auf den Film nicht besonders gut zu sprechen. Sie erinnern sich an den letzten [[Jan Kiepura]] - Film "[[Mein Herz ruft nach dir]]<sup>"</sup> und an die Szene, wo dieser große Sänger eine Freilichtbühne auf dem Platz der Oper von Monte Carlo arrangierte, während gleichzeitig in der Oper selbst eine schon etwas verstaubte Aufführung der "[[Tosca]]" stattfindet. Langsam aber sicher verläßt ein Besucher nach dem andern die Oper und hört sich den Jan Kiepura an. Die Opernverwaltung von Monte Carlo hat diesen Filmscherz sehr übelgenommen und sozusagen als persönliche Kränkung aufgefaßt. Und dann haben die Herren die "[[Bomben auf Monte Carlo]]", die [[Hans Albers]] ihnen seinerzeit hinüberschickte, immer noch nicht vergessen.


Also ließen wir in Monaco den lokalen Komparserieverband für uns arbeiten, der es auch glücklich fertigbrachte, daß wir die Erlaubnis für Aufnahmen bekamen. Denn Geldverdienen schreibt sich auch da unten groß, zumal die tote Saison die großen Hotelpaläste verödet hatte und jedermann froh war, einige Zechinen sich erarbeiten zu können.
Also ließen wir in Monaco den lokalen Komparserieverband für uns arbeiten, der es auch glücklich fertigbrachte, daß wir die Erlaubnis für Aufnahmen bekamen. Denn Geldverdienen schreibt sich auch da unten groß, zumal die tote Saison die großen Hotelpaläste verödet hatte und jedermann froh war, einige Zechinen sich erarbeiten zu können.


In [https://de.wikipedia.org/wiki/Villefranche-sur-Mer Villefranche] lagen zwei amerikanische Schulschiffe im Hafen. Die Jungens waren ganz begeistert von unserer Filmarbeit und halfen uns, wo sie nur konnten. Brigitte ist ja in der ganzen Welt bekannt, und gar zu gerne hätte man sie auf dem Kriegsschiff bewirtet. Die Arbeit selbst war für unsere Schauspieler und uns alle sehr anstrengend wegen der schwülen Hitze, die in der ganzen Zeit über der Küste brütete. Durchschnittstemperatur 40 Grad C! Für die Aufnahmen charterten wir ein Segelboot. Wir brauchten eine große Yacht, die aber nur von einem Mann bedient werden darf. Es war nicht einfach, sie zu bekommen. Gefilmt wurde von einem großen Begleitboot aus und einige Male spielte der hohe Wellengang unseren Kameraleuten und Beleuchtern böse Streiche. Es entwickelte sich nämlich trotz der Hitze verschiedentlich ein sehr anständiger Wellengang, der unerbittlich seine Opfer forderte. Allerdings zeigte sich unser Spielleiter Arthur Robison und unser Operateur Rittau, die ja beide schon in der ganzen Welt sich umgetan haben, besonders widerstandsfähig. Der letzte Aufnahmetag war gekommen. Der böse Mistral, bekanntlich der gefährlichste Wind an der Riviera, war prophezeit. Trotzdem gings ins Segelboot und unmittelbar, bevor er wie eine wilde Windsbraut sich auf das Meer stürzte, waren wir mit unseren Aufnahmen fertig.
In [https://de.wikipedia.org/wiki/Villefranche-sur-Mer Villefranche] lagen zwei amerikanische Schulschiffe im Hafen. Die Jungens waren ganz begeistert von unserer Filmarbeit und halfen uns, wo sie nur konnten. Brigitte ist ja in der ganzen Welt bekannt, und gar zu gerne hätte man sie auf dem Kriegsschiff bewirtet. Die Arbeit selbst war für unsere Schauspieler und uns alle sehr anstrengend wegen der schwülen Hitze, die in der ganzen Zeit über der Küste brütete. Durchschnittstemperatur 40 Grad! Für die Aufnahmen charterten wir ein Segelboot. Wir brauchten eine große Yacht, die aber nur von einem Mann bedient werden darf. Es war nicht einfach, sie zu bekommen. Gefilmt wurde von einem großen Begleitboot aus und einige Male spielte der hohe Wellengang unseren Kameraleuten und Beleuchtern böse Streiche. Es entwickelte sich nämlich trotz der Hitze verschiedentlich ein sehr anständiger Wellengang, der unerbittlich seine Opfer forderte. Allerdings zeigte sich unser Spielleiter [[Arthur Robison]] und unser Operateur [[Günther Rittau]], die ja beide schon in der ganzen Welt sich umgetan haben, besonders widerstandsfähig. Der letzte Aufnahmetag war gekommen. Der böse Mistral, bekanntlich der gefährlichste Wind an der Riviera, war prophezeit. Trotzdem gings ins Segelboot und unmittelbar, bevor er wie eine wilde Windsbraut sich auf das Meer stürzte, waren wir mit unseren Aufnahmen fertig.


Für einige Aufnahmen hatten wir beim [https://de.wikipedia.org/wiki/Cap_Ferrat Cap Ferrat] eine reizende Villa gepachtet. Wie uns der Portier erzählte, hatte sie der jetzige Eigentümer aus dem Besitz des Königs Leopold II. von Belgien erworben. Eine wunderschöne Frau hatte sie damals bewohnt, die Freundin des lebenslustigen Königs. Sie lebt noch heute, aber fragen Sie nicht, wo und wie. Das Leben schreibt immer noch die tollsten Geschichten. Wenn man sie im Film sehen wollte, würden die Leute sagen „Kitsch<sup>"</sup>. Und doch ist die Wahrheit oft viel unwahrscheinlicher und phantastischer als die größte Phantasie.<sup>"</sup> ''G H''
Für einige Aufnahmen hatten wir beim [https://de.wikipedia.org/wiki/Cap_Ferrat Cap Ferrat] eine reizende Villa gepachtet. Wie uns der Portier erzählte, hatte sie der jetzige Eigentümer aus dem Besitz des [https://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_II._(Belgien) Königs Leopold II. von Belgien] erworben. Eine wunderschöne Frau hatte sie damals bewohnt, die Freundin des lebenslustigen Königs. Sie lebt noch heute, aber fragen Sie nicht, wo und wie. Das Leben schreibt immer noch die tollsten Geschichten. Wenn man sie im Film sehen wollte, würden die Leute sagen „Kitsch<sup>"</sup>. Und doch ist die Wahrheit oft viel unwahrscheinlicher und phantastischer als die größte Phantasie.<sup>"</sup> ''GH''


== '''Charles Kullmann singt "La Paloma"''' ==
== '''Charles Kullmann singt "La Paloma"''' ==
In einer Ecke beim Ateliereingang in der Jofa kauert eine rassige Spanierin mit leuchtend blauer Bluse und schwarzem Spitzenkopfputz. Das spanische Mädchen ist Jessie Vihrog.
In einer Ecke beim Ateliereingang in der Jofa kauert eine rassige Spanierin mit leuchtend blauer Bluse und schwarzem Spitzenkopfputz. Das spanische Mädchen ist [[Jessie Vihrog]].


Lebhaft geht es bei dem spanischen Volksfest zu, das drinnen im Atelier für den Film „La Paloma“ gedreht wird. Das spanische Milieu ist nur farbiger Hintergrund, um davor das Schicksal eines einfachen Matrosen und Steinbrucharbeiters zu stellen.
Lebhaft geht es bei dem spanischen Volksfest zu, das drinnen im Atelier für den Film „[[La Paloma]]“ gedreht wird. Das spanische Milieu ist nur farbiger Hintergrund, um davor das Schicksal eines einfachen Matrosen und Steinbrucharbeiters zu stellen.


Charles Kullmann spielt diesen Naturburschen Fernando. Da Kullmann aber bekanntlich ein Tenor ist, räumt man ihm auch in diesem Film ein, sein gesangliches Können zu zeigen. Aber nur als stimmbegabter Matrose unter Matrosen, stets nur vor dem kleinen Kreis seiner Umgebung. Ein Sängerfilm also ohne die Pointe des Entdecktwerdens für die große Welt.
[[Charles Kullmann]] spielt diesen Naturburschen Fernando. Da Kullmann aber bekanntlich ein Tenor ist, räumt man ihm auch in diesem Film ein, sein gesangliches Können zu zeigen. Aber nur als stimmbegabter Matrose unter Matrosen, stets nur vor dem kleinen Kreis seiner Umgebung. Ein Sängerfilm also ohne die Pointe des Entdecktwerdens für die große Welt.


Augenblicklich tanzt Fernando auf dem Fest mit Manuela, seiner Jugendgeliebten (Jessie Vihrog) einen spanischen Tango. Weich liegt sie in seinen Armen, innig schaut sie ihn an. Um sie herum wirbeln andere Paare in dem glutvollen Rhythmus spanischer Volkstänze. Doch die beiden merken nichts davon, sie sind nur füreinander da. Allein für sie will er auch sein Lied singen „Du kleines Mädchen von Santa Cruze, / Dir gilt mein erster und letzter Gruß, / Du bist mir Heimat, Du bist mein Glück / Ich kehr´ ja immer zu Dir zurück. / Was kümmern Dich und mich, mein Kind,´die Leute / Ich singe heute dieses Lied nur für Dich.“
Augenblicklich tanzt Fernando auf dem Fest mit Manuela, seiner Jugendgeliebten (Jessie Vihrog) einen spanischen Tango. Weich liegt sie in seinen Armen, innig schaut sie ihn an. Um sie herum wirbeln andere Paare in dem glutvollen Rhythmus spanischer Volkstänze. Doch die beiden merken nichts davon, sie sind nur füreinander da. Allein für sie will er auch sein Lied singen „Du kleines Mädchen von Santa Cruze, / Dir gilt mein erster und letzter Gruß, / Du bist mir Heimat, Du bist mein Glück / Ich kehr´ ja immer zu Dir zurück. / Was kümmern Dich und mich, mein Kind,´die Leute / Ich singe heute dieses Lied nur für Dich.“
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Die anderen haben längst mit dem Tanzen aufgehört und stürmen mit Bitten auf ihn ein. „Paloma“, ruft einer. „La Paloma“, nimmt es ein anderer auf. „Ja, La Paloma", wiederholt dann der ganze Chor. „Still, unser Kamerad wird singen/* Und aus dem Liebeslied, das für die eine gedacht war, geht er über in „La Paloma", dem alten Matrosenlied von der kleinen weißen Taube: „Wenn ich mein Schicksal einst in den Wogen fand, fliegt eine weiße Taube zu dir ins Heimatland".
Die anderen haben längst mit dem Tanzen aufgehört und stürmen mit Bitten auf ihn ein. „Paloma“, ruft einer. „La Paloma“, nimmt es ein anderer auf. „Ja, La Paloma", wiederholt dann der ganze Chor. „Still, unser Kamerad wird singen/* Und aus dem Liebeslied, das für die eine gedacht war, geht er über in „La Paloma", dem alten Matrosenlied von der kleinen weißen Taube: „Wenn ich mein Schicksal einst in den Wogen fand, fliegt eine weiße Taube zu dir ins Heimatland".


Das Aufgreifen des Vorschlages, „La Paloma** zu singen, diese Steigerung von dem einzelnen Sprecher zu dem ganzen Chor, wie auch andere „wichtige Kleinigkeiten**, werden in ihrer lebendigen Form erst während der Aufnahmen im gegenseitigen Meinungsaustausch zwischen dem Spielleiter Karl Heinz Martin und seinen Darstellern geprägt.
Das Aufgreifen des Vorschlages, „La Paloma** zu singen, diese Steigerung von dem einzelnen Sprecher zu dem ganzen Chor, wie auch andere „wichtige Kleinigkeiten", werden in ihrer lebendigen Form erst während der Aufnahmen im gegenseitigen Meinungsaustausch zwischen dem Spielleiter [[Karl Heinz Martin]] und seinen Darstellern geprägt.


Der Architekt Otto Gülstorff und Franz Minsloff haben eine echte spanische Weinschenke ins Atelier gezaubert, mit malerischen Rundbogen, lauschigen Nischen und weinumranktem Laubengang, in dem die spanische Musikkapelle, mit Gitarren, Kastagnetten, Schifferklavier und Tamburin, sitzt. Heruntergetretene Stufen führen, an einer Madonnen figur vorbei, zu einer Veranda hinauf, von wo die Abgeklärteren bei ihrem feurigen Tropfen (3 Prozent Rotwein, der Rest Wasser) auf die tanzende Jugend im Hof hinunterschauen können. — Hier oben findet man Maria Loja (in guter Erinnerung aus dem Gründgens Film „Die Finanzen des Großherzogs") neben dem Wirt dieser Bodega (Leo Slezak) sitzen. Beide träumen sich in eine vergangene ruhmreiche Zeit zurück, da sie die umschwärmte Carmen und er der vielgeliebte Torero war. Das Torerojäckchen, das sich gar lieblich über seinem — hm, sagen wir „Bäuchlein" wölbt, zeugt noch von dieser entschwundenen Pracht.
Der Architekt [[Otto Gülstorff]] und [[Franz Minsloff]] haben eine echte spanische Weinschenke ins Atelier gezaubert, mit malerischen Rundbogen, lauschigen Nischen und weinumranktem Laubengang, in dem die spanische Musikkapelle, mit Gitarren, Kastagnetten, Schifferklavier und Tamburin, sitzt. Heruntergetretene Stufen führen, an einer Madonnen figur vorbei, zu einer Veranda hinauf, von wo die Abgeklärteren bei ihrem feurigen Tropfen (3 Prozent Rotwein, der Rest Wasser) auf die tanzende Jugend im Hof hinunterschauen können. — Hier oben findet man [[Maria Loja]] (in guter Erinnerung aus dem [[Gustaf Gründgens]] Film „[[Die Finanzen des Großherzogs]]") neben dem Wirt dieser Bodega (Leo Slezak) sitzen. Beide träumen sich in eine vergangene ruhmreiche Zeit zurück, da sie die umschwärmte Carmen und er der vielgeliebte Torero war. Das Torerojäckchen, das sich gar lieblich über seinem — hm, sagen wir „Bäuchlein" wölbt, zeugt noch von dieser entschwundenen Pracht.


Jessie Vihrog und Fritz Kampers kommen besuchsweise nach oben. Jessie hat in der letzten Nacht unter einem spukhaften Traum gelitten. Ein rollendes „R" hatte sich vor sie hingestellt und gesprochen „Verschluck mich". Seit dieser Stunde rollt sie fortwährend spanische Rrrrs. — Fritz Kampers meint, nachdem er jetzt in zwei Filmen Regie geführt habe, wolle er auch mal als Sänger auftreten. Auf gütliches Zureden hat er diesen Wunsch allerdings noch für den „La Paloma"-Film unterdrückt, um Charles Kullmann nicht in Verlegenheit zu bringen. (Sagt Kampers.) Was ist denn das, man hört doch Laute, die sich wie „J—a<sup>"</sup> anhören. Richtig, in dem Stall, der sich an den Hof anschließt, steht ein wirklicher Maulesel und vertreibt sich die aufnahmefreie Zeit, indem er die ihm gemäßen Arien singt.
Jessie Vihrog und [[Fritz Kampers]] kommen besuchsweise nach oben. Jessie hat in der letzten Nacht unter einem spukhaften Traum gelitten. Ein rollendes „R" hatte sich vor sie hingestellt und gesprochen „Verschluck mich". Seit dieser Stunde rollt sie fortwährend spanische Rrrrs. — Fritz Kampers meint, nachdem er jetzt in zwei Filmen Regie geführt habe, wolle er auch mal als Sänger auftreten. Auf gütliches Zureden hat er diesen Wunsch allerdings noch für den „La Paloma"-Film unterdrückt, um Charles Kullmann nicht in Verlegenheit zu bringen. (Sagt Kampers.) Was ist denn das, man hört doch Laute, die sich wie „J—a<sup>"</sup> anhören. Richtig, in dem Stall, der sich an den Hof anschließt, steht ein wirklicher Maulesel und vertreibt sich die aufnahmefreie Zeit, indem er die ihm gemäßen Arien singt.


Das spanische Kolorit ist also bei den Innenaufnahmen durchaus gewahrt. Die Außenaufnahmen sind wirklich und „reell<sup>"</sup> in Spanien gedreht. Nur die Sprengungsarbeiten im Steinbruch sind auf dem lieben, alten Filmgelände in den Rüdersdorfer Kalkbergen bei Berlin gemacht.
Das spanische Kolorit ist also bei den Innenaufnahmen durchaus gewahrt. Die Außenaufnahmen sind wirklich und „reell<sup>"</sup> in Spanien gedreht. Nur die Sprengungsarbeiten im Steinbruch sind auf dem lieben, alten Filmgelände in den Rüdersdorfer Kalkbergen bei Berlin gemacht.


Von den Außenaufnahmen haben die Schauspieler eine natürliche Bräune, so daß nur selten nach brauner Schminke gerufen wird. Auf sonnenverbrannter Brust einen tätowierten Anker, offenes Hemd, weite dunkle Hosen, knallrote Schärpe und auf der Oberlippe eine kesses Schnurrbärtchen — in summa der Naturbursche Fernando, im Privatleben also Charles Kullmann. Er wird in der kommenden Theatersaison per Flugzeug zwischen Berlin, Wien und London pendeln, um in den verschiedenen Opernhäusern aufzutreten. Nach Beendigung dieser Filmaufnahmen geht es nach Salzburg, wo er zunächst voraussichtlich in „Oberon<sup>"</sup>, „Ägyptische Helena<sup>"</sup>, „Rosenkavalier<sup>"</sup> und „Das Lied der Erde<sup>"</sup> singen wird. Ob ihm das Filmen Spaß macht, braucht man nicht zu fragen. Er ist von einer mitreißenden Spiellaune und trällert dauernd etwas vor sich hin, mal einen Paso doble, einen Tango oder ein Stückchen aus der Serenade „Du bist wie ein Traum für mich<sup>"</sup>. Alks Kompositionen von Will Meisel, zu denen Günther Schwenn und Peter Schaeffers die Texte schrieben. Auch das Paloma-Lied hat das Drei gespann „verarztet<sup>"</sup>, nämlich den Text umgearbeitet und die am Anfang erwähnte Vorstrophe hinzugesetzt.
Von den Außenaufnahmen haben die Schauspieler eine natürliche Bräune, so daß nur selten nach brauner Schminke gerufen wird. Auf sonnenverbrannter Brust einen tätowierten Anker, offenes Hemd, weite dunkle Hosen, knallrote Schärpe und auf der Oberlippe eine kesses Schnurrbärtchen — in summa der Naturbursche Fernando, im Privatleben also Charles Kullmann. Er wird in der kommenden Theatersaison per Flugzeug zwischen Berlin, Wien und London pendeln, um in den verschiedenen Opernhäusern aufzutreten. Nach Beendigung dieser Filmaufnahmen geht es nach Salzburg, wo er zunächst voraussichtlich in „[[Oberon]]<sup>"</sup>, „[[Ägyptische Helena]]<sup>"</sup>, „[[Rosenkavalier]]<sup>"</sup> und „[[Das Lied der Erde]]<sup>"</sup> singen wird. Ob ihm das Filmen Spaß macht, braucht man nicht zu fragen. Er ist von einer mitreißenden Spiellaune und trällert dauernd etwas vor sich hin, mal einen [https://de.wikipedia.org/wiki/Paso_Doble Paso doble], einen [https://de.wikipedia.org/wiki/Tango_(Standardtanz) Tango] oder ein Stückchen aus der [https://de.wikipedia.org/wiki/Serenade Serenade] „[[Du bist wie ein Traum für mich]]<sup>"</sup>. Alks Kompositionen von [[Will Meisel]], zu denen [[Günther Schwenn]] und [[Peter Schaeffers]] die Texte schrieben. Auch das Paloma-Lied hat das Drei gespann „verarztet<sup>"</sup>, nämlich den Text umgearbeitet und die am Anfang erwähnte Vorstrophe hinzugesetzt.


Das spanische Feuer des Paloma-Films flammt heute bereits sechs Stunden im Jofa-Atelier. Noch einige Stunden, dann werden sich aus all den Spanierinnen und Spaniern nach Abschminken und Ausziehen der farbigen Kleider Berliner Komparsen entpuppen, die noch schnell bis 19.30 Uhr in die Kronenstraße zur Filmbörse müssen, um sich für den morgigen Tag vielleicht — toi, toi — ein Engagement zu holen. BR
Das spanische Feuer des Paloma-Films flammt heute bereits sechs Stunden im [[Jofa-Atelier]]. Noch einige Stunden, dann werden sich aus all den Spanierinnen und Spaniern nach Abschminken und Ausziehen der farbigen Kleider Berliner Komparsen entpuppen, die noch schnell bis 19.30 Uhr in die Kronenstraße zur Filmbörse müssen, um sich für den morgigen Tag vielleicht — toi, toi — ein Engagement zu holen. BR


== Die Gattinnen unserer Künstler ==
== Die Gattinnen unserer Künstler ==
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