Filmwelt 1934 №31

An südlichen Gestaden
Außenaufnahmen zu „Fürst Woronzeff"
Herr Max Pfeiffer? — Bedaure — die Pfeiffer-Produktion ist verreist : Außenaufnahmen für den neuen Großfilm „Fürst Woronzeff“.
Diese Auskunft bekam man regelmäßig, wenn man im Juni versuchte, den liebenswürdigen Produktionsleiter der Ufa zu erreichen. Inzwischen waren die Architekten in Babelsberg nicht müßig. In der großen Tonhalle Nord entstand nach den Entwürfen des Architekten Kettelhut ein Ausschnitt aus der prächtigen Oper von Monte Carlo in Originalgröße. Man sah die Bühne, das versenkte Orchester, die Logen links und rechts, und davor wurde für die Kamera ein breiter Wagen auf Rädern gebaut, der vor- und rückwärts über große Schienen lief und ein Gerüst trug, das sich um seine eigene Achse drehte. So konnte die Kamera in alle Ecken und Winkel hineinleuchten, und nichts aus dem vielfältigen Getriebe einer Opernbühne blieb ihr verborgen. Und als ich eines Tages in Neubabelsberg wieder nach Herrn Pfeiffer fragte, da waren diese Hallen, in der noch eben nur die Handwerker, Maler und Dekorateure das große Wort führten, gefüllt mit einer riesigen Menschenmenge: Es war Großaufnahmetag in der Oper von Monte Carlo. Der Produktionsstab war zurückgekehrt und die Hauptdarsteller auf der Bühne versammelt. Das Liebeslied aus der Oper „Samson und Dalila" tönte durch den Raum, ein Orchester, wie man es nur in den größten Opern kennt, saß vor der Bühne, und in den Logen sahen wir Schoenhals und Brigitte Helm.
Ich erwischte Herrn Pfeiffer in seinem kleinen Arbeitszimmer. Während der Filmaufnahmen begnügt sich der Produktionsleiter mit einer kleinen Garderobe als Aufenthaltsraum, um der Aufnahmebasis seines Films möglichst nahe zu sein.
„Warum Außenaufnahmen im Ausland? Der Stoff verlangt es. Der Film, der nach dem Roman von Margot Simpson entstanden ist, spielt an der Riviera zwischen Nizza und Monte Carlo. Es ist die Geschichte eines russischen Fürsten der Vorkriegszeit, und Sie wissen, daß damals die Côte d'Azur der Treffpunkt der russischen Aristokratie war. Der Film würde unglaubwürdig wirken, wenn wir auf diese Tatsache keine Rücksicht nähmen und das Ganze nur im Atelier drehen wollten. Eine Reihe wichtiger Außenaufnahmen müssen wir unbedingt auf einer Segeljacht machen, die in südlichen Gewässern kreuzt. Wir brauchen hierzu das Milieu des Mittelmeeres und die subtropische Küstenlandschaft der Riviera. Bedenken Sie, daß wir den Film ja auch in französischer Version drehen. Wir leisten damit ein Stück Wertarbeit für unser Vaterland, und wir wollen hoffen" — ein gemeinsames Toi-toi-toi bekräftigte diesen Wunsch —, „daß der Film ein Vielfaches an Devisen wieder hereinbringt, als er gekostet hat."
„Hatten Sie Schwierigkeiten bei der Auswahl der Schauspieler?"
„Ja, das war diesmal wirklich sehr schwer", bekräftigte Max Pfeiffer. Da ist einmal die Titelrolle schon schwierig zu besetzen. Der Film schildert das seltsame Schicksal eines Mannes, den ein auf Grund verblüffender Ähnlichkeit gegebenes Versprechen zwingt, das Dasein eines Verstorbenen weiterzuleben. Es galt also einen Darsteller zu finden, der die Rolle eines Doppelgängers glaubhaft macht. Einerseits muß er einen russischen Fürsten der alten kaiserlichen Zeit verkörpern, Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle, mit dem für den Russen charakteristischen Gefühlsleben, andererseits soll er einen Menschen darstellen, der zwar dem Fürsten zum Verwechseln ähnlich sieht, aber als Charakter so ziemlich sein Gegenteil ist, eine Spielernatur, der an den Abgründen des Lebens balanciert.
Ich glaube in Albrecht Schoenhals vom Thalia-Theater in Hamburg den richtigen Darsteller gefunden zu haben. Er spielt zum erstenmal im Tonfilm.
Auch Willi Birgel ist für die große Filmgemeinde ein neuer Name. Er ist am Mannheimer Staatstheater als erster Charakterdarsteller ein sehr geschätzter Schauspieler. In dem Film spielt er einen vertrauten Haushofmeister des Fürsten, in dessen Händen alle Fäden zusammenlaufen und der als einziger die Wahrheit über den Doppelgänger weiß.
Brigitte Helm freut sich besonders über ihre sehr aktive Rolle als große gefährliche Abenteuerin, die sie mit allen Reizen einer verführerischen Weiblichkeit ausstattet. Die Frau, die sie verkörpert, ist hemmungslos in der Wahl ihrer Mittel, aber im Innersten getrieben von ihrer Leidenschaft und Liebe zu dem Abenteurer, dem Doppelgänger des Fürsten Woronzeff.
Freude und Helligkeit bringt in dieses von Gefahr und Tragik umwitterte Spiel das Zusammensein zweier junger Menschen, die das Glück einer reinen Liebe finden. Hier finden wir Hansi Knotek, die ja zuerst im "Schloß Hubertus" für den Film entdeckt wurde, und einen jugendlichen männlichen Darsteller Heinrich Berg."
„Von der Reise selbst müssen sie den FiImwelt-Lesern noch etwas erzählen!"
„Filmreisen sind keine Urlaubsreisen, lieber Freund. Unsere Karawane bestand aus 36 Personen. Über Karlsruhe, Kehl und Straßburg ging es nach Nizza, wo wir uns einquartierten. Man nahm die deutsche Expedition mit jeder nur denkbaren Höflichkeit auf, keine Zollschwierigkeiten, keine Belästigung irgendwelcher Art, im Gegenteil, wir fanden überall das größte Entgegenkommen. Auch zwischen unseren technischen Mitarbeitern und dem französischen Hilfepersonal, das wir engagieren mußten, bestand das denkbar beste kameradschaftliche Verhältnis.
Nur die Beamten des kleinen Monaco sind seit einiger Zeit auf den Film nicht besonders gut zu sprechen. Sie erinnern sich an den letzten Kiepura- Film ,Mein Herz ruft nach dir4 und an die Szene, wo dieser große Sänger eine Freilichtbühne auf dem Platz der Oper von Monte Carlo arrangierte, während gleichzeitig in der Oper selbst eine schon etwas verstaubte Aufführung der "Tosca" stattfindet. Langsam aber sicher verläßt ein Besucher nach dem andern die Oper und hört sich den Jan Kiepura an. Die Opernverwaltung von Monte Carlo hat diesen Filmscherz sehr übelgenommen und sozusagen als persönliche Kränkung aufgefaßt. Und dann haben die Herren die "Bomben auf Monte Carlo", die Hans Albers ihnen seinerzeit hinüberschickte, immer noch nicht vergessen.
Also ließen wir in Monaco den lokalen Komparserieverband für uns arbeiten, der es auch glücklich fertigbrachte, daß wir die Erlaubnis für Aufnahmen bekamen. Denn Geldverdienen schreibt sich auch da unten groß, zumal die tote Saison die großen Hotelpaläste verödet hatte und jedermann froh war, einige Zechinen sich erarbeiten zu können.
In Villefranche lagen zwei amerikanische Schulschiffe im Hafen. Die Jungens waren ganz begeistert von unserer Filmarbeit und halfen uns, wo sie nur konnten. Brigitte ist ja in der ganzen Welt bekannt, und gar zu gerne hätte man sie auf dem Kriegsschiff bewirtet. Die Arbeit selbst war für unsere Schauspieler und uns alle sehr anstrengend wegen der schwülen Hitze, die in der ganzen Zeit über der Küste brütete. Durchschnittstemperatur 40 Grad C! Für die Aufnahmen charterten wir ein Segelboot. Wir brauchten eine große Yacht, die aber nur von einem Mann bedient werden darf. Es war nicht einfach, sie zu bekommen. Gefilmt wurde von einem großen Begleitboot aus und einige Male spielte der hohe Wellengang unseren Kameraleuten und Beleuchtern böse Streiche. Es entwickelte sich nämlich trotz der Hitze verschiedentlich ein sehr anständiger Wellengang, der unerbittlich seine Opfer forderte. Allerdings zeigte sich unser Spielleiter Arthur Robison und unser Operateur Rittau, die ja beide schon in der ganzen Welt sich umgetan haben, besonders widerstandsfähig. Der letzte Aufnahmetag war gekommen. Der böse Mistral, bekanntlich der gefährlichste Wind an der Riviera, war prophezeit. Trotzdem gings ins Segelboot und unmittelbar, bevor er wie eine wilde Windsbraut sich auf das Meer stürzte, waren wir mit unseren Aufnahmen fertig.
Für einige Aufnahmen hatten wir beim Cap Ferrat eine reizende Villa gepachtet. Wie uns der Portier erzählte, hatte sie der jetzige Eigentümer aus dem Besitz des Königs Leopold II. von Belgien erworben. Eine wunderschöne Frau hatte sie damals bewohnt, die Freundin des lebenslustigen Königs. Sie lebt noch heute, aber fragen Sie nicht, wo und wie. Das Leben schreibt immer noch die tollsten Geschichten. Wenn man sie im Film sehen wollte, würden die Leute sagen „Kitsch". Und doch ist die Wahrheit oft viel unwahrscheinlicher und phantastischer als die größte Phantasie." G H
Charles Kullmann singt "La Paloma"
In einer Ecke beim Ateliereingang in der Jofa kauert eine rassige Spanierin mit leuchtend blauer Bluse und schwarzem Spitzenkopfputz. Das spanische Mädchen ist Jessie Vihrog.
Lebhaft geht es bei dem spanischen Volksfest zu, das drinnen im Atelier für den Film „La Paloma“ gedreht wird. Das spanische Milieu ist nur farbiger Hintergrund, um davor das Schicksal eines einfachen Matrosen und Steinbrucharbeiters zu stellen.
Charles Kullmann spielt diesen Naturburschen Fernando. Da Kullmann aber bekanntlich ein Tenor ist, räumt man ihm auch in diesem Film ein, sein gesangliches Können zu zeigen. Aber nur als stimmbegabter Matrose unter Matrosen, stets nur vor dem kleinen Kreis seiner Umgebung. Ein Sängerfilm also ohne die Pointe des Entdecktwerdens für die große Welt.
Augenblicklich tanzt Fernando auf dem Fest mit Manuela, seiner Jugendgeliebten (Jessie Vihrog) einen spanischen Tango. Weich liegt sie in seinen Armen, innig schaut sie ihn an. Um sie herum wirbeln andere Paare in dem glutvollen Rhythmus spanischer Volkstänze. Doch die beiden merken nichts davon, sie sind nur füreinander da. Allein für sie will er auch sein Lied singen „Du kleines Mädchen von Santa Cruze, / Dir gilt mein erster und letzter Gruß, / Du bist mir Heimat, Du bist mein Glück / Ich kehr´ ja immer zu Dir zurück. / Was kümmern Dich und mich, mein Kind,´die Leute / Ich singe heute dieses Lied nur für Dich.“
Die anderen haben längst mit dem Tanzen aufgehört und stürmen mit Bitten auf ihn ein. „Paloma“, ruft einer. „La Paloma“, nimmt es ein anderer auf. „Ja, La Paloma", wiederholt dann der ganze Chor. „Still, unser Kamerad wird singen/* Und aus dem Liebeslied, das für die eine gedacht war, geht er über in „La Paloma", dem alten Matrosenlied von der kleinen weißen Taube: „Wenn ich mein Schicksal einst in den Wogen fand, fliegt eine weiße Taube zu dir ins Heimatland".
Das Aufgreifen des Vorschlages, „La Paloma** zu singen, diese Steigerung von dem einzelnen Sprecher zu dem ganzen Chor, wie auch andere „wichtige Kleinigkeiten**, werden in ihrer lebendigen Form erst während der Aufnahmen im gegenseitigen Meinungsaustausch zwischen dem Spielleiter Karl Heinz Martin und seinen Darstellern geprägt.
Der Architekt Otto Gülstorff und Franz Minsloff haben eine echte spanische Weinschenke ins Atelier gezaubert, mit malerischen Rundbogen, lauschigen Nischen und weinumranktem Laubengang, in dem die spanische Musikkapelle, mit Gitarren, Kastagnetten, Schifferklavier und Tamburin, sitzt. Heruntergetretene Stufen führen, an einer Madonnen figur vorbei, zu einer Veranda hinauf, von wo die Abgeklärteren bei ihrem feurigen Tropfen (3 Prozent Rotwein, der Rest Wasser) auf die tanzende Jugend im Hof hinunterschauen können. — Hier oben findet man Maria Loja (in guter Erinnerung aus dem Gründgens Film „Die Finanzen des Großherzogs") neben dem Wirt dieser Bodega (Leo Slezak) sitzen. Beide träumen sich in eine vergangene ruhmreiche Zeit zurück, da sie die umschwärmte Carmen und er der vielgeliebte Torero war. Das Torerojäckchen, das sich gar lieblich über seinem — hm, sagen wir „Bäuchlein" wölbt, zeugt noch von dieser entschwundenen Pracht.
Jessie Vihrog und Fritz Kampers kommen besuchsweise nach oben. Jessie hat in der letzten Nacht unter einem spukhaften Traum gelitten. Ein rollendes „R" hatte sich vor sie hingestellt und gesprochen „Verschluck mich". Seit dieser Stunde rollt sie fortwährend spanische Rrrrs. — Fritz Kampers meint, nachdem er jetzt in zwei Filmen Regie geführt habe, wolle er auch mal als Sänger auftreten. Auf gütliches Zureden hat er diesen Wunsch allerdings noch für den „La Paloma"-Film unterdrückt, um Charles Kullmann nicht in Verlegenheit zu bringen. (Sagt Kampers.) Was ist denn das, man hört doch Laute, die sich wie „J—a" anhören. Richtig, in dem Stall, der sich an den Hof anschließt, steht ein wirklicher Maulesel und vertreibt sich die aufnahmefreie Zeit, indem er die ihm gemäßen Arien singt.
Das spanische Kolorit ist also bei den Innenaufnahmen durchaus gewahrt. Die Außenaufnahmen sind wirklich und „reell" in Spanien gedreht. Nur die Sprengungsarbeiten im Steinbruch sind auf dem lieben, alten Filmgelände in den Rüdersdorfer Kalkbergen bei Berlin gemacht.
Von den Außenaufnahmen haben die Schauspieler eine natürliche Bräune, so daß nur selten nach brauner Schminke gerufen wird. Auf sonnenverbrannter Brust einen tätowierten Anker, offenes Hemd, weite dunkle Hosen, knallrote Schärpe und auf der Oberlippe eine kesses Schnurrbärtchen — in summa der Naturbursche Fernando, im Privatleben also Charles Kullmann. Er wird in der kommenden Theatersaison per Flugzeug zwischen Berlin, Wien und London pendeln, um in den verschiedenen Opernhäusern aufzutreten. Nach Beendigung dieser Filmaufnahmen geht es nach Salzburg, wo er zunächst voraussichtlich in „Oberon", „Ägyptische Helena", „Rosenkavalier" und „Das Lied der Erde" singen wird. Ob ihm das Filmen Spaß macht, braucht man nicht zu fragen. Er ist von einer mitreißenden Spiellaune und trällert dauernd etwas vor sich hin, mal einen Paso doble, einen Tango oder ein Stückchen aus der Serenade „Du bist wie ein Traum für mich". Alks Kompositionen von Will Meisel, zu denen Günther Schwenn und Peter Schaeffers die Texte schrieben. Auch das Paloma-Lied hat das Drei gespann „verarztet", nämlich den Text umgearbeitet und die am Anfang erwähnte Vorstrophe hinzugesetzt.
Das spanische Feuer des Paloma-Films flammt heute bereits sechs Stunden im Jofa-Atelier. Noch einige Stunden, dann werden sich aus all den Spanierinnen und Spaniern nach Abschminken und Ausziehen der farbigen Kleider Berliner Komparsen entpuppen, die noch schnell bis 19.30 Uhr in die Kronenstraße zur Filmbörse müssen, um sich für den morgigen Tag vielleicht — toi, toi — ein Engagement zu holen. BR
Die Gattinnen unserer Künstler
Frau Thea Riemann Ringer
Frau Thea Riemann-Bingner, schlanke, sehr gute und gepflegte Erscheinung, ist gebürtige Berlinerin. Daß auch sie sich künstlerisch betätigte, hat sich längst herumgesprochen. Sie hat allerdings nichts mit Bühne und Film zu tun, sondern stellte und stellt ihr Können als Eislaufmeisterin unter Beweis.
"Wie ich zum "weißen Sport" gekommen bin?" plaudert sie. „Nun, ich mußte als Kind und auch später als junges Mädchen meiner schwächlichen Lungen wegen sehr viele Winter in der Schweiz verbringen. Da ich nicht krank genug war, um liegen zu müssen, suchte ich mir eine Beschäftigung, und da lag nahe, daß ich zunächst aufs Schlittschuhlaufen und dann auf den Schneesport überhaupt gekommen bin, da ich damit gleichzeitig auch für meine Gesundheit etwas tat. So begann ich als Fünfjährige schon mit dem Eislauf, und als Zwölfjährige waren mir die Skier fast ebenso vertraut wie den Einheimischen, zu denen ich eigentlich auch gerechnet wurde.
Nur aus Spaß an der Sache beteiligte ich mich dann an den ersten Eislaufkonkurrenzen, von denen ich viele gewann, und so blieb ich bis heute den Schlittschuhen treu, wenngleich ich nie den Gedanken gehabt habe, mich ihnen als Professional zu verschreiben. Ich denke mir, da wo das Muß der Leistung dahintersteht, leidet die reine Freude am Sport, die Sorglosigkeit, die Leichtigkeit des Körpergefühls. Ich habe mir mein ganzes Leben lang noch nicht einmal die Schlittschuhe angeschnallt in dem Gefühl, daß ich viel lieber etwas anderes tun würde, wenn — ich nicht müßte.
Übrigens hat auch mein Weg zur Ehe im Grunde über die Schweizer Berge geführt. Nicht, daß wir uns da getroffen hätten, nein, sondern ich lernte in einem Winter in St. Moritz eine der damals gefeiertsten deutschen Bühnenkünstlerinnen kennen, die gleichfalls zur Kräftigung ihrer Lungen hier Aufenthalt genommen hatte. Wir freundeten uns bald an, und sie lud mich ein, den Sommer mit ihr in ihrem Landhaus in Heringsdorf zu verbringen.
Ich sagte gern zu, verbrachte wundervolle Wochen am Ostseestrand, wir schwammen und ritten, segelten und spielten Tennis, und als sie zum Beginn der Theatersaison wieder nach Berlin zurück mußte, schlug sie vor, daß ich unbedingt mitgehen und wir uns in Berlin oft besuchen müßten. Und ich ließ mich um so lieber überreden, als ich ein für mich sehr trauriges und schmerzliches Erlebnis vergessen wollte. Nur zum Ausgehen mochte ich mich zunächst gar nicht entschließen, und meine Freundin ahnte genau den Grund, auch wenn ich ihn nie eingestanden hatte.
"Du mußt doch aber wenigstens einmal in unser Stück gehen", drängte sie. "Es ist so interessant, und ich habe einen so netten Partner." Und um meine Begeisterung zu wecken, erzählte sie nun von dem Stück, es war ein Strindberg: "Du sollst nicht mit dem Feuer spielen", und von jenem Partner, der wirklich reizend und nett wäre und gut aussähe und bei Frauen sehr viel Erfolg hätte ... nun und so fort.
So fand ich mich eines Abends schließlich in ihrer Garderobe ein, und sie stellte mir Johannes Riemann vor, den ich vorher weder im Film noch auf der Bühne gesehen hatte, weil ich mich für beides nicht, sondern nur für Sport interessierte. Und ich werde nie vergessen, daß die ersten Worte, die ich zu ihm sagte, waren: "Das sind Sie? — Gott, Sie sind ja so dick! Ich hab mir Sie ganz anders vorgestellt!" Mein Mann würde jetzt sofort an den Kasten mit den Photos rennen und ein Bild herauswühlen, das ihn in dem damaligen Stück zeigt, und an Hand dessen er Ihnen eisern beweisen würde, daß er einzig und allein „dicker" aussah, weil er eine unmögliche Wolljacke oder so etwas tragen mußte. Er hänselt mich heut noch stets mit dieser ersten Begrüßung", aber, ich kann nichts dafür, daß war meine erste Empfindung.
Und wenn ich ganz ehrlich sein soll: es war überhaupt keine "Liebe auf den ersten Blick", weder auf meiner Seite noch auf seiner, was nach meiner freimütigen Bemerkung auch, nicht direkt verwunderlich war. Durch den geselligen Kreis meiner Freundin sind wir uns in der Folgezeit öfter begegnet, aber ich habe lange nicht im entferntesten daran gedacht, daß wir beide einmal heiraten könnten. Erstens, weil ich bis dahin eigentlich immer davon überzeugt war, daß einzig und allein ein Sportsmann der Auserwählte sein würde und der, zu dem ich am besten paßte, und zweitens, weil ich von Künstlern, und noch dazu von umschwärmten, sieggewohnten „Liebhabern" keine große Meinung in Bezug auf Gefühlstiefe und -dauer hatte. Ich hielt sie für leichtsinnig und oberflächlich, rasch entflammt und ebenso rasch innerlich entfernt, und die letzte Zeit hatte mich am besten gelehrt, daß ich anders dachte und empfand und mich nie im Leben in eine solche Daseinsauffassung hineinfinden würde.
Bis ich dann eines Tages entdeckte, daß mein Vorurteil falsch war. Daß auch er heimlich und unter einer gut gelaunten Maske, an einer schweren Enttäuschung litt, daß er über seine Ehescheidung nicht — wie vielleicht manche annahmen — mit einem Lächeln hinweg sah, sondern sein Erleben ebenso ernst auffaßte, wie ich meins, und diese Einsicht und Gemeinsamkeit führte uns langsam aber unfehlbar zueinander. So sind wir die besten Kameraden geworden und sind es bis heut auch geblieben. Gerade die Schauspielergattin hat es ja so leicht, diese Kameradschaft zu beweisen. Wie viele Frauen gibt es, die von der beruflichen Tätigkeit ihres Mannes nur eine blasse Vorstellung haben. Die seine Geschäfte, seine Unternehmungen so wenig übersehen können, daß sie nie imstande wären, zuzuraten, abzuraten, an Freuden oder Sorgen verstehenden Anteil zu nehmen. Der Mann geht morgens fort, verbringt seine Arbeitszeit in seinem Geschäft, seinem Büro, seiner Fabrik oder seinem Labor und kommt am Abend nach Haus. Anders beim Künstler! Sein „Büro" ist die Wohnung, an seinem Beruf kann die Gattin Anteil nehmen, kann Manuskripte für ihn studieren, Rollen mit ihm durchsprechen, Verhandlungen für ihn führen, ihm seine Kostümsorgen abnehmen, ihn auf dies und jenes aufmerksam machen, da sie ihn meist viel besser kennt und beurteilen kann als er sich selbst. Gerade jetzt, wo er als Regisseur des Films „Ich heirate meine Frau" in Anspruch genommen ist, kann ich ihm viele private Arbeiten abnehmen. Und sehen Sie, deswegen, nicht weil er vielleicht prominent oder umschwärmt ist, ist es viel interessanter, einen solchen Mann zu haben. Ich könnte mir heut gar nicht mehr vorstellen, daß ich nicht mit einem Künstler verheiratet sein sollte. Allerdings unter der Bedingung, daß in ihm auch der Mensch steckt, den ich mir in ihm wünsche." RT
Cathrin Hepburn

Die so schnell in den Vordergrund gerückte amerikanische Filmdarstellerin wird in der neuen Spielzeit in Deutschland in zwei Filmen „Tapfere Kathrin" (Little woman) und „Morgenrot des Ruhms" (Morning glory) auf der Leinwand erscheinen. Für „Morning glory" erhielt Catherin Hepburn den ersten Preis als amerikanische Filmdarstellerin.
Neue Filme der UFA Spielzeit 1934 / 1935
Für die neue Spielzeit gibt die Ufa ein Produktionsprogramm bekannt, bei dem der Grundsatz, deutsche Filme von Weltgeltung zu schaffen, deutlich sichtbar wird.
Wir geben den Filmweltlesern eine kurze Übersicht über das Programm, das 28 große Filme enthält, wozu ein großes Beiprogramm von 28 Kulturfilmen und 28 ein- und mehraktigen Kurzfilmen kommt.
Auf die großen Filme „Ein Mann will nach Deutschland", „Der junge Baron Neuhaus", „Die Insel", „Spiel mit dem Feuer", „Maskerade", „Schloß Hubertus" und „Palos Brautfahrt" brauchen wir hier nicht näher einzugehen, da die Filmweltleser über die Art dieser Filme und die Darsteller in ihnen durch mehrfache Veröffentlichungen in der „Filmwelt" unterrichtet sind.
Von den weiteren Filmen des Ufa-Programms nennen wir ,,Turandot" Herstellungsgruppe Günther Stapenhorst, Spielleitung Gerhard Lamprecht, Hauptdarsteller Käthe v. Nagy, Willy Fritsch, Paul Kemp, Inge List. Dieser Film zeigt im Rahmen einer zart gesponnenen Liebesgeschichte den Gegensatz zweier Welten. Die heiteren und spannenden Abenteuer spielen sich in einem orientalischen, ungewöhnlich reichen Milieu ab. Es ist die Geschichte der kratzbürstigen und zugleich bezaubernden Prinzessin Turandot, der Tochter des großmächtigsten Kaisers des Reiches im fernen Osten.
„Donogoo Tonka" Herstellungsgruppe Stapenhorst, Spielleitung Reinhold Schünzel, Hauptdarsteller Willy Fritsch. Donogoo Tonka ist eine sagenhafte Stadt im Innern Südamerikas. Die verzweifelten und an sich aussichts- und erfolglosen Bemühungen eines berühmten Forschers, die Existenz dieser auf Grund wissenschaftlicher Forschung nur vermuteten Stadt tatsächlich zu beweisen, geben das Signal zu einem Riesenschwindel. Ein ganzer Kerl, eine rechte Führernatur, sorgt dafür, daß die Geschichte von der Stadt Donogoo Tonka aus dem Gebiet der Spiegelfechterei zu echtem Leben erwacht.
„Triumph des Lebens*4, Herstellungsgruppe Bruno Duday, Hauptdarsteller Karl Ludwig Diehl, ist ein packendes Zeitgemälde, das die Überwindung eines unabwendbar scheinenden Schicksals durch den heroischen Willen zum Sieg zum Thema hat. Den Hintergrund für die Handlung dieses Films gibt die baltische Landschaft.
„Der Zigeunerbaron" Herstellungsgruppe Bruno Duday, Spielleitung Karl Hartl, ist die Verfilmung der weltbekannten Johann Strauß Operette.
„Fürst Woronzeff" schildert das Schicksal eines Mannes, der ein gegebenes Versprechen zwingt, sein eigenes Leben aufzugeben. Er hat einem Sterbenden auf Grund einer verblüffenden Ähnlichkeit geschworen, seine Rolle zu spielen und unter seinem Namen weiter zu leben, sein Vermächtnis durchzuführen, das darin besteht, den Kampf um die Anerkennung seiner Tochter zu führen. Der Konflikt erwächst daraus, daß Woronzeff erkennt, daß er der Frau in unentrinnbarer Liebe verfällt, deren Vater zu spielen, ihn sein dem Sterbenden gegebenes Wort verpflichtet.
„Barcarole", Herstellungsgruppe Stapenhorst, Spielleitung Gustav Ucicky, Hauptdarsteller Brigitte Helm. „Barcarole" ist nicht die Verfilmung einer Oper, sondern der symbolische Titel für eine spannende, in ihren Verwicklungen interessante und etwas unheimliche Handlung. Wesentliche Teile der Musik zu „Hoffmanns Erzählungen" werden in diesem Film Verwendung finden.
Ein Nagy-Fritsch-Film, Herstellungsgruppe Max Pfeiffer, Spielleitung Erich Engel, mit Käthe v. Nagy und Willy Fritsch in den Hauptrollen, soll eine ganz modern und heutig geführte Handlung sein. Der Titel dieses Films steht noch nicht fest.
„Lockvogel", Herstellungsgruppe Karl Ritter, Spielleitung Hans Steinhoff, Hauptdarsteller Viktor de Kowa, Jessie Vihrog, Hilde Weißner, ist ein moderner Film, in dem ein tapferes Mädel und ein frischer Draufgänger ein ausgeklügeltes Verbrechen zum Scheitern bringen, ohne voneinander zu wissen, und sich so ihr Glück erobern.
„Frischer Wind aus Kanada", Herstellungsgruppe Duday, Spielleitung Heinz Dietrich Kenter, wird nach dem erfolgreichen Bühnenspiel gestaltet. Frischer Wind der Jugend räumt mit alten vermotteten Anschauungen und Gewohnheiten auf und steuert das Handlungsschiff dieses lustigen Films in einen vergnügten Hafen.
„Liebe, Tod und Teufel", Herstellungsgruppe Karl Ritter, Hauptdarsteller Käthe v. Nagy, wird nach einer der schönsten und verbreitetsten Novellen von Stevenson „Das Flaschenteufelchen" gedreht und schildert in sonnendurchglühter Tropenlandschaft auf hoher See und im Trubel einer Weltstadt die Geschichte einer großen Schuld und einer großen Liebe.
„Sieg der Jugend", Herstellungsgruppe Karl Ritter, Spielleitung Richard Schneider-Edenkoben, führt in die Erlebniswelt der Jugend und erzählt die Geschichte zweier jungen Menschen von heute, die gesund und arbeitsfroh Klassen- und Standesvorurteile über den Haufen werfen und so den ewig Gestrigen zeigen, wie man sich sein eigenes Leben zimmert.
„Vererbte Triebe", Herstellungsleitung Alfred Zeisler, schildert im Rahmen eines spannenden Kriminalfilms die Gefahren, die der Volksgemeinschaft durch erbkranke Menschen, die auf Grund ihrer Veranlagung nicht Herr ihrer Leidenschaften sind, drohen.
„Liebe und die erste Eisenbahn", Herstellungsgruppe R. N.- Film der Ufa, Spielleitung Hasso Preiß, Darsteller Karin Hardt, Hans Brausewetter, Ida Wüst, Richard Romanoswky, Fritz Kampers, Paul Westermeier, Günther Ballier. Dieser Film führt in die Zeit des Biedermeiers an der Hand von Menschenschicksalen, die sich vor fast einem Jahrhundert abspielten, in die Zeit, welche die erste Eisenbahn zwischen Berlin und Potsdam entstehen sah.
„Punks kommt aus Amerika", Herstellungsgruppe R. N.-Film der Ufa. Darsteller Karl Ludwig Diehl, Camilla Horn, Richard Romanowsky. Hat eine sehr moderne und außerordentlich vergnügliche Handlung, die zwischen Hamburg, Berlin und Monte Carlo spielt und deren Held in der Maske eines modernen Taugenichts eine internationale Hochstaplerbande zur Strecke bringt.
„Ferien vom Ich", Herstellungsgruppe Olaf Fjord-Film der Ufa, Spielleitung Olaf Fjord, wird nach dem gelesensten Roman des deutschen Heimatdichters Paul Keller gestaltet. Die Handlung spielt in einem Heilinstitut, dessen großartige Erfolge darauf beruhen, daß jeder Patient gezwungen ist, sein „alltägliches Ich" abzulegen.
„Wo liegt das Glück", Herstellungsgruppe Tofa-Film der Ufa, Spielleitung Hans Deppe> Darsteller Dorit Kreysler, Hermann Speelmans, Maria Meißner, Fritz Odemar, Walther Steinbeck. Schildert die Erlebnisse des Bankangestellten Kobin, dessen Wunsch, einmal aus dem Alltag in ein freies unabhängiges Leben zu gelangen, erfüllt wird.
„Jungfrau gegen Mönch", Herstellungsgruppe Majestic-Film der Ufa, Spielleitung E. W. Emo, Darsteller Dorit Kreysler, Harald Paulsen, Ida Wüst, führt in die gewaltige Bergwelt der Schweiz. Er erzählt die fröhliche Geschichte von einem jungen frischen Mädel, das vom Schicksal plötzlich vor eine ganz unerwartete Lebensaufgabe gestellt wird.
„Der rote Tod", Herstellungsgruppe Duday, Hauptrolle Karl Ludwig Diehl, ist ein Film, der schildert, wie stahlharter Wille angeborenen Führertums unüberwindlich scheinende Hindernisse meistert.
„Die Schloßherrin vom Libanon", ein Vandal- und Delac-Film der Ufa mit Mile Spinelly und Jean Murat, ist ein Gemälde aus den Kämpfen zweier Großmächte um überseeischen Besitz.
Ein Film mit Brigitte Helm und Gustav Fröhlich (Cine Allianz-Film der Ufa). Der Titel dieses Films steht noch nicht fest.
Ein Jan Kiepura-Film (Cine Allianz-Film der Ufa). Spielleitung Carmine Gallone. Auch der Titel dieses Films wird noch bestimmt.
„Die Männer von Aran", Gaumont Gainsborough-Film der Ufa, behandelt den außerordentlichen Kampf einer Handvoll Männer und Frauen auf einer irischen Felseninsel gegen die Gewalt des Atlantik, gegen Riesenfische, gegen Wetter und Sturm.